Auf der Warteliste wegen fehlender Finanzierung

(Zürcher Oberländer)

Dübendorf Das Kinderhaus Imago besuchen Kinder mit und ohne Behinderung. Manchen Eltern von beeinträchtigten Kindern fehlt allerdings das Geld für die Betreuung.

«Wir haben aktuell eine Warteliste von zirka 20 Kindern, die auf
einen Platz in unserer Kita warten», sagt Sonja Kiechl, Gesamtleiterin der Kinderhäuser Imago. Die wartenden Kinder haben alle eine Behinderung. Das Problem ist jedoch nicht die fehlendeKapazität, sondern die Finanzierung.

Ein Kita-Platz für ein Kind ohne Behinderung kostet im Kinderhaus Imago in Dübendorf 125 Franken pro Tag. Für ein Kind mit Behinderung kann es bis zu 420 Franken pro Tag kosten. «Das ist eine enorme finanzielle Belastung für die Eltern, wenn sie das allein tragen müs-
sen», sagt Kiechl.

Nur zur Hälfte ausgelastet

Das Kinderhaus gehört zur Stiftung Visoparents, die sich für die Integration von Kindern miteiner Beeinträchtigung einsetzt. Das Imago ist eine integrativeKita und nimmt Kinder ab dem Alter von drei Monaten bis zum Kindergarteneintritt auf. Die Kita verfüge damit über ein Entlastungsangebot für die Eltern und ein entsprechendes Förderungs-angebot für die Kinder, sagtKiechl. Das Kinderhaus habe84 Plätze, die Hälfte werde für Kinder mit einer Behinderung freigehalten. «Vor Corona hatten wir beinahe eine 100-prozentige Auslastung, aktuell sind wir aber nur bei knapp 50 Prozent.»

Schuld am Finanzierungsmangel ist laut Kiechl einerseits die Corona-Pandemie, die vielen Eltern ein Loch ins Portemonnaie riss, andererseits die lückenhafte Gesetzeslage zur Unterstützung der Eltern von Kindern mit einer Beeinträchtigung. Diese Kinder hätten im Vorschulalter keinen gesetzlich geregelten Zugang zu einer qualitativhochwertigen Betreuung undFörderung, sagt Kiechl.

Lang dauernde Abklärung

Die Unterstützung durch die öffentliche Hand unterscheide sich von Gemeinde zu Gemeinde und hänge vom Wohnort der jeweiligen Familie ab. Die Stadt Zürich beispielsweise gewährleiste allen Kindern, die in Zürich wohnten, einen Platz in einer Kita zum gleichen Preis, ob mit oder ohne Beeinträchtigung, so Kiechl. Die zusätzlichen Kosten übernehme
die Stadt.

Das Stadtzürcher Modell sei das erste im Kanton Zürich, sagt Kiechl. Die Kostenabklärungen müssten sonst durch die Eltern bei der Wohngemeinde gemacht werden, und die Entscheideseien nicht einheitlich aufgrund der gesetzlichen Uneinheitlichkeit. «Die Kostenabklärungen können bis zu sechs Monatendauern, was bei Kindern einelange Zeit ist.» Zudem übernähmen die Gemeinden häufig nur das gesetzliche Minimum derKosten, so Kiechl.

In Dübendorf habe man beider familienergänzenden Betreuung das System des Subventionsanspruchs, sagt Petra Spinas, die neue Abteilungsleiterin Soziales. «Wenn Eltern von Kindern mit einer Behinderung nicht genug Geld haben, übernimmt die Stadt eine individuelle Kostenbeteiligung an die Aufenthaltskosten.» Dieser Anspruch bestehe etwa dann, wenn eine Grenze im Einkommen und Vermögen unterschritten werde. Falls die Eltern den Restbetrag nicht bezahlenkönnten, müsse parallel ein Antrag auf Sozialhilfe gestellt werden, so Spinas weiter.


Die Kita hat ein Entlastungsangebot für die Eltern und ein entsprechendes Förderungsangebot für die Kinder. Foto, Vera Markus

 

Vier Interessierte Wenn alle Unterlagen vollständig auf dem Sozialamt eingetroffen seien, dauere es in der Regel zwischen zwei bis drei Wochen, bis ein Entscheid vorliege. Doch diese Anträge seien auch in der Vergangenheit eher selten gewesen, sagt Spinas.

Gemäss Auskunft des Kinderhauses Imago gibt es vier Interessierte, die ihre Unterlagen jedoch noch nicht eingereicht haben. Die Stadt Dübendorf hat in der Vergangenheit zudem einen jährlichen Betrag an Visoparents geleistet. Für das aktuelle Jahr wurden die Gelder jedoch noch nicht gesprochen.

Für Kiechl ist klar, dass sich die Investition in den Frühbereich lohnt. «Je früher man investiert, desto weniger muss man später zahlen. Mit höherem Alter steigen auch die Kosten.» Zudem würden sich beeinträchtigte Kinder in Zukunft besser in den Alltag integrieren und kämen besser allein klar.» Ohne dieses vorschulische Angebot würden sie den Anschluss schon zu früh verlieren. «Die frühen Jahre sindentscheidend.»

«Politische Angelegenheit»

Damit die Kinder eine grösstmögliche Selbständigkeit erreichten,
sei es zentral, dass sie frühzeitig gefördert würden, sagt Kiechl.
Sie habe von unterschiedlichen Kindergärten gehört, dass sich
nicht nur Kinder mit, sondernauch die ohne Behinderung, die
das Kinderhaus Imago besucht hätten, besser integrieren und deine höhere Sozialkompetenz zeigen würden.

Um den Kindern in der Warteschlange die Finanzierung zu gewährleisten, sammelt das Kinderhaus Spenden. Auch die Stiftung gebe in Einzelfällen einen Betrag an die Kosten. Aber es sei unmöglich, die Kosten für mehrere Kinder zu übernehmen. Es fehle von den Gemeinden immer noch eine «konkrete, einfache» Unterstützung. «Das ist ganz klar eine politische Angelegenheit, die endlich auf den Tisch kommen muss.»

Philipp Gämperli