«Behinderte in allen Belangen in Entscheide einbeziehen»

(Bote der Urschweiz)

Ein Postulat fordert einen Wirkungsbericht über die Behindertenpolitik des Kantons.

Franz Steinegger

Leo Camenzind und vier weitere SP-Kantonsräte fordern mehr Bewegung in der Behindertenpolitik des Kantons. Es liege zwar ein «Leitbild der Behindertenhilfe» vor. Das geht jedochauf das Jahr 1992 zurück. Die Verordnung über die Behinderteneinrichtungen stammt aus dem Jahr 2007, und2011 wurde ein «Konzept zur Förderung der Eingliederung von erwachsenen Menschen mit Behinderung im Kanton Schwyz» formuliert. «Wie dieses umgesetzt wurde und wie diesbezüglich der heutige Bedarf aussieht,bleibt der Öffentlichkeit verborgen»,schreiben die Postulanten und fordern den Regierungsrat auf, mit einem Wirkungsbericht über die aktuelle Behindertenpolitik des Kantons Schwyz Auskunft zu geben.

Damit rennen sie bei den Behindertenorganisationen offene Türen ein.Daniel Barmettler erklärt, dass das Konzept aus dem Jahr 2011 für die damalige Zeit mit ihren Rahmenbedingungen einiges abgebildet habe, «aber seither ist im Behindertenbereich vieles passiert». Der kantonale Geschäftsleiter von Pro Infirmis Uri, Schwyz, Zugweist daraufhin, dass zwischenzeitlich die Uno-Behinderten-Rechtskonvention (BRK) unterzeichnet wurde, welche als wichtigen Teil die Wahlfreiheit für Arbeit und Wohnen, politische und gesellschaftliche Partizipation und Gleichstellung einfordert.

Barmettler sieht zwei Handlungsfelder: Bisher sei im bestehenden Konzept vor allem auf den Erwachsenenbereich fokussiert worden, also auf Menschen im erwerbsfähigen Alter.«Das Spektrum muss erweitert werden,denn Behinderung tangiert alle Lebensabschnitte. Auch wird zu wenig berücksichtigt, dass alle Lebensbereiche davon betroffen sind wie Wohnen, Bildung, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sowie Politik, und nicht nur die Eingliederung in die Arbeitswelt.»

Schwyz fehlt eine Vision zur Behindertenpolitik

Er zeigt dies an einem Beispiel auf: «So kann einer Person mit einer kognitiven Behinderung mittels Informationen in leichter Sprache das Verständnis und der Zugang zu einem Museumsbesuch ermöglicht werden.» Das Gleiche gelte auch für Abstimmungsvorlagen, die für alle verständlich übersetzt sein müssten.

Seine Forderung ist, dass man Menschen mit einer Behinderung in allen Belangen konsequent einbezieht. Sollten im Rahmen der Mitwirkung bei den Betroffenen Assistenzleistungen nötig sein, so müsse dies selbstverständlich ermöglicht werden. «Eine echte Teilhabe bedingt, dass die Ausarbeitung eines Leitbildes immer mit Betroffenen, Organisationen und Ämtern erfolgen muss.»

«Ich verstehe die Forderung nach einem Wirkungsbericht voll und ganz»,erklärt Daniel Barmettler. «Die Zeit ist reif.» Luzern habe kürzlich ein fortschrittliches Leitbild formuliert, Basel sei an der Umsetzung eines Behindertengleichstellungsgesetzes. «Im Kanton Schwyz besteht zwingender Handlungsbedarf in politischer, konzeptioneller und struktureller Hinsicht.» Er wünscht sich, dass Schwyz eine Vision oder Strategie formuliert, welche den heutigen Forderungen einer Uno-BRK Rechnung trägt, damit ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Behinderung möglich wird. «Es muss selbstverständlich sein, dass diese Aufgabe auf die politische Agenda gehört»,unterstreicht Daniel Barmettler.


Menschen mit einer Beeinträchtigung sollen auf allen Ebenen Zugang zum gesellschaftlichen Leben erhalten.Bild: Keystone