Cheflohn? Sagen wir nicht!

(K-Tipp)

Hilfswerke: Wenn es um den Lohn des Geschäftsführers geht, hört bei vielen die Transparenz auf

Schweizer spenden gerne – und viel.

Darum möchten sie auch gerne wissen, was mit ihrem Geld geschieht. Doch bei den Löhnen wird oft geschwiegen. Der Spendenmarkt ist ein Milliardenmarkt: Im Jahr 2016 flossen den Hilfswerken in der Schweiz rund 1,79 Milliarden Franken an Spendengeldern zu.Das zeigt die Spenden-statistik der Schweizerischen Zertifizierungsstelle für gemeinnützige Organisationen, Zewo. Pro Kopf der Bevölkerung sind das fast 213 Franken. Recht viel Geld also – das nach dem Willen der Leute möglichst sinnvolleingesetzt werden soll. «Daher ist es absolut legitim, dass sich Spenderinnen und Spender für die Löhne in unserer Organisation inte- ressieren», sagt Beat Gerber, Mediensprecher der Schweizer Sektion von Amnesty International.

Die Einzellöhne werden verheimlicht

Diese Meinung scheint man nicht überall zu teilen. Dalässt eine Umfrage des K-Tipp vermuten: Nur 16 der 30 angeschriebenen Non-Profit-Organisationen gaben auf die Frage nach dem Jahreslohn des Ge schäftsführers Auskunft (siehe Grafik). Drei Hilfswerke reagierten nicht. Die übrigen vermeldeten lediglich, wie viel alle Mitglieder der Geschäftsleitung zusammen verdienen, und ergänzten sinngemäss: «Löhne von Einzelpersonen werdennicht kommuniziert.»

Rega: Im Durchschnitt Fr. 329000.-
Zu dieser Gruppe gehört auch die Schweizerische Rettungsflugvvacht Rega. Ihre sieben Geschäftslei- tungsmitglieder erhielten im Jahr 2016 eine Gesamt- vergütung von 2,304 Millionen Franken. Das ergibt im Durchschnitt rund 329 000 Franken pro Person. Sprecher Adrian Schindler macht geltend, die Rega lasse sich nicht mit einem klassischen Hilfswerk vergleichen. «Vielmehr entspricht sie von der Organisation her einer Fluggesellschaft mit drei verschiedenen Flugbetrieben und einem eigenen medizinischen Bereich von der Grösse eines mittleren Kantonsspitals.»

Bei jenen Organisationen, die das Salär ihres Chefs bezifferten, reicht die Spannweite von knapp 60 000 Franken (Heilsarmee) bis zu 275 000 Franken (Paraplegiker-Stiftung)brutto pro Jahr. Gut 250 000 Franken waren es – ohne Spesenpauschale – bei Markus Mader, dem Direktor des Schweizerischen Roten Kreuzes. Sprecherin Sabine Zeilinger verweist auf die organisatorische, personelle und finanzielle Verantwortung des Direktors.

Angst vor der Wut der Spender Unbestritten ist: Non-Profit-Organisationen unterscheiden sich stark, was Faktoren wie Umsatz, Mitarbeiterzahl und ihre Aufgaben betrifft. Entsprechend unterschiedlich sind die Anforderungen an dieChefs. Trotzdem müssen sich alle die Frage stellen: Dürfen die Spender wissen, wie viel der Chef verdient? Oder könnten sie sich vor den Kopf gestossen fühlen?

Ein allzu üppiges Chefsalär könnte sich nämlich negativ auf das Spendenaufkommen auswirken. «Wenn es sich um ein grosses Hilfswerk handelt, liegt die obere Schmerzgrenze für die meisten Spender bei einem Lohn von 200 000 bis 250 000 Franken», sagt Markus Gmür, Professor am Institut für Verbandsmanagement der Uni Freiburg. Voraussetzung sei «eine realistische Vorstellung» von den Anforderungen an eine solche Stelle. «Wissenschaftliche Studien, die etwaige Vorbehalte von Spendern in der Schweiz direkt abgefragt hätten, gibt es meines Wissens aber bisher nicht.»

(Gery Schwager)