«Nicht nur Spielerei» – Wie Smartphone-Apps helfen

Sie weisen den Weg, sie übersetzen, sie informieren über zugängliche Orte: Smartphone-Apps eröffnen Menschen mit Behinderung neue Möglichkeiten der Teilhabe. Sozialverbände fordern mehr davon.

«Ich möchte dem Entwickler dieser App meine tiefe Dankbarkeit aussprechen. Trotz meiner Sehbehinderung bin ich immer ein unternehmungsfreudiger Mensch gewesenjetzt ermöglicht mir diese App, noch viel besser spazieren zu gehen», schreibt der Nutzer «Daiseeh» aus den USA. Und «Richard» aus Grossbritannien kommentiert im Internet: «Diese App ist brillant. Jetzt kann ich Orte in meiner Stadt erkunden und Dinge kennenlernen, die ich bisher nicht kannte. Es ist einfach befreiend.»

Die Rede ist von einem kleinen Programm für ein kleines Gerät, dessen Prinzip so einfach wie einleuchtend ist. Die Smartphone-App mit dem Namen «Ariadne GPS» bietet eine Navigationshilfe, die dem Nutzer an jedem Ort erklärt, was vor, neben und hinter ihm liegt: Strassennamen, Lokale, Museen und vieles mehr. Die von einem italienischen Informatiker entwickelte Sprachanwendung ist auch auf Deutsch verfügbar, läuft bislang aber nur auf dem iPhone. Für Blinde und Sehbehinderte ist die App nicht weniger als eine kleine Revolution.

Eine sehr wirkungsvolle Idee hatte auch der Berliner Inklusions-Aktivist Raul Krauthausen. Er sitzt im Rollstuhl und ist regelmäs sig mit dem Problem mangelnder Barrierefreiheit konfrontiert. «Ein Freund hatte sich beschwert, dass wir uns immer in demselben CaM treffen müssen. Wir beide wussten aber nicht, in welchem anderen Cafdein Treffen überhaupt möglich wäre, ohne eine Stufe am Eingang zu haben», berichtete Krauthausen. Er startete die App «Wheelmap» für Android, iPhone und Windows 10. «Wheelmap» basiert auf dem Prinzip des «Usergenerated content»: Jeder Nutzer kann neue Orte hinzufügen. Je nach Barrierefreiheit erhalten die Orte eine Ampelfarbe: Grün steht für «vollrollstuhlgerecht», gelb markierte Orte haben höchstens eine Treppenstufe und rot gekennzeichnete Orte sind für Rollstuhlfahrer nicht zugänglich. Die Schweiz ist zwar noch wenig erfasst, aber es wird immer mehr.

Dass Smartphone-Apps immer häufiger eine wichtige Hilfe für Menschen mit Behinderung darstellen, betont auch Sozialhelferin Cornelia Jurrmann. «Apps sind für sehr viele Menschen längst fester Bestandteil ihres Alltags. Mobile Anwendungen zur Barrierefreiheit sind da auf keinen Fall nur einfach eine nette Spielerei», erklärt sie. Neben Navigationshilfen gibt es eine Vielzahl von Apps, beispielsweise solche, die Speisekarten vorlesen, Durchsagen in Zügen verschriftlichen oder autistischen Menschen eine Kommunikation mit Bildern ermöglichen.

Bislang sind viele der Apps, die Menschen mit Behinderung im Alltag helfen, von Privatpersonen oder von sozialen Initiativen ins Leben gerufen worden. Behindertenverbände fordern darum, dass sich auch die Wirtschaft mehr um das Thema kümmert. «Von Seiten der App-Entwickler muss ein Umdenken stattfinden, dass Barrierefreiheit nicht nur einem kleinen Personenkreis nützt, sondern sehr vielen Menschen. Denn eines steht fest: In Sachen Barrierefreiheit gibt es noch viel zu tun. Und Apps werden dabei in Zukunft eine immer wichtigere Rolle spielen.

Source: Südostschweiz/sda