Erste Massnahmen zur IV-Revision

(Walliser Bote/sda)

Nationalrat dürfte einer Kürzung der Kinderrenten zustimmen


Invalidenversicherung. Kommissionssprecher Christian Lohr,CVP/TG, rechts, eröffnet neben dem Walliser Philippe Nantermoddie Debatte.FOTO KEYSTON

 

Der Nationalrat begrüsst die Stossrichtung derneusten IV-Revision, die auf Jugendliche und psychisch Kranke ausgerichtet ist. Er hat am Mittwoch erste Entscheide gefällt. Noch nicht entschieden hat er, ob die Kinderrenten gesenkt werden sollen.

Nach der Debatte zeichnet sichein Ja zur umstrittenen Kür-zung ab: Neben der SVP undder FDP befürworten auch dieMehrheit der CVP sowie Teileder GLP und der BDP die Massnahme, wie die Fraktionssprecher sagten.Vorgeschlagen hat die Kürzung nicht der Bundesrat, sondern die Sozialkommission des Nationalrates. Dabei geht esum das Geld für Kinder von IV-Rentnern, das heute «Kinderrente» genannt wird und künftig «Zulage für Eltern» heissensoll. Nach dem Willen der Kommission soll die Zulage von 40 auf 30 Prozent der Rente gesenkt werden.

Falsche Anreize

Die Befürworterinnen und Befürworter argumentierten, es brauche weiterhin Sparmassnahmen bei der IV. Ausserdemführten die heutigen Rentenbei kinderreichen Familien zu Fehlanreizen.

Es dürfe nicht sein, dass Familien mit IV-Rente bessergestellt seien als Familien, dieihren Unterhalt selber verdienten, erklärte Ruth Hum-bel (CVP/AG). Bei einer voll IV-Rente von 2370 Franken be-9Atrage die Kinderrente heute 948 Franken pro Kind. UnterUmständen kämen noch Familienzulagen von einem erwerbstätigen Elternteil hinzu.

Unverantwortlich und beschämend

Gegen die Kürzung stellte sichdie Ratslinke. Es gehe um über70 000 Kinder von IV-Bezügernund über 26 000 Kinder von AHV-Bezügern, gab Maya Graf(GrüneIBL) zu bedenken. Eine Kürzung wäre unverantwortlich und beschämend.Sie könnte Familien in Not bringen. Die Betroffenen müsstenErgänzungsleistungen beantragen, womit die Kosten lediglichverlagert würden.

Silvia Schenker (SP/BS) bezeichnete die geplante Rentenkürzungals«unnötige Macht demonstration gegenüber den Schwächsten». Bereits heute sorge eine Regelung dafür, dass es nicht zueiner Überversicherung komme. Über die Kürzung der Kinderrenten sowie ein neues stufenloses Rentensystem wird der Rat am Donnerstag-morgen entscheiden.

Bereits entschieden hat erüber Massnahmen zur Eingliederung von Jugendlichen und psychisch Kranken. Dass es hier noch Verbesserungspotenzial gibt, war unbestritten. Zum ersten Mal stehe eine Reform zur Debatte, bei der es nicht ums Sparen, sondern um Optimierungen gehe,sagte Kommissionssprecher Christian Lohr (CVP/TG). Jede gelungene Integration eines jungen Menschen in den Arbeitsmarktspare der IV nicht nur eine Rente, sondern gebe dieser Person eine Lebens- und Arbeitsperspektive.

Frühzeitige Erfassung

Künftig sollen Jugendliche schon ab dem 13. Altersjahrder IV gemeldet werden können, damit diese Unterstützungsmassnahmen ergreifenkann. Die SVP stellte sich ver-geblich dagegen. Verena Her-zog (SVP/TG) warnte, bald wer-de jeder in die IV abgeschoben,der eine intensive Pubertät durchmache.

Die Befürworter der Früherfassungargumentierten,heute bestehe eine Lücke beiden heiklen Übergängen vonder Schule in die Lehre und von der Lehre in den Arbeitsmarkt.Mit frühzeitiger Unterstützung könnten längerfristig Kosten gespart werden.

Drohende Arbeitsunfähigkeit

Der IV gemeldet werden können nach dem Willen das Nationalrates künftig nicht nurarbeitsunfähige,sondern auch von einer länger dauernden Arbeitsunfähigkeit bedrohte Personen.

Eine weitere Neuerung betrifft medizinische Eingliede-rungsmassnahmen. Jugendliche sollen künftig bis zum vollendeten 25.Altersjahr und nicht nur bis zum 20. Anspruch auf medizinische Eingliederungsmassnahmen haben, die unmittelbar auf die Eingliederung ins Erwerbsleben gerichtet sind. Ja sagte der Nationalrat ferner zu Änderungen bei den Taggeldern für junge Erwachsene. Das Ziel ist es, Fehlanreize zu beseitigen. Im heutigen System kann das Taggeld fürjunge Versicherte deutlich höher sein als der Lohn, den Gleichaltrige ohne gesundheitliche Beeinträchtigung in der Ausbildung erhalten.

Um den Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu erhöhen,soll nun das Taggeld der Höhe eines Lohns für Lernende angeglichen werden, abgestuft nach Alter.

Weitere Gesetzesänderungen betreffen Geburtsgebrechen. Der Nationalrat ist einverstanden damit, dass fürdiese klare Kriterien im Gesetz verankert werden.