Kurzen Sätzen und einfachen Wörtern sei Dank

(St. Galler Nachrichten)

St.Gallerinnen leisten Pionierarbeit für barrierefreie Informationen: Internet-Plattform in Leichter Sprache.


Die beiden Pionierinnen der Leichten Sprache und Betreiberinnen der Plattform«Infoeasy»: Andrea Sterchi (links) und Anne-Marie Weder (rechts). z.Vg.

 

Die Verwaltung des Kantons St.Gallen hat bei der Einführung der Leichten Sprache Pionierarbeit geleistet und als erste Schweizer Behörde einen Text in Leichte Sprache übersetzen lassen. Jetzt wurde sogar eine Internet-Plattform in Leichter Sprache gestaltet.

Verständlichkeit Die Leichte Sprache richtet sich an Menschen, die nicht gut lesen können, die nicht gut Deutsch können oder an Menschen mitLernschwierigkeiten. Rund 800’000 Menschen in der Schweiz gehören der einen oder anderen Gruppe an. Informationen in Leichter Sprache werden in einer grossen Schrift mit einfachen Wörtern und kurzen Sätzen präsentiert. Doch sind oft zusätzliche Erklärungen nötig, um eine Aussage verständlich zu machen. Begonnen hat der Kanton St. Gallen mit dem Angebot der Leichten Sprache 2015, als er den «Wirkungsbericht Behindertenpolitik» von Andrea Sterchi, die in Andwil ein Büro für Übersetzungen in die Leichte Sprache betreibt, übersetzen liess. Die Schrift «Hilfe zur Selbsthilfe» legt der Kanton beispielsweise in Einfacher Sprache auf:«Der Kanton St.Gallen will Menschen mit Behinderung unterstützen. Damit sie so viel wie möglich selbstständig tun, mehr selber bestimmen und ihre Interessen und Rechte selber vertreten können.»

Einfache Sprache wird wichtiger

Wie Thomas Weber, Fachspezialist für Soziales im Departement des Innern, im «Pfalzbrief» darlegt, verändern Kurznachrichten in den sozialen Medien die Sprachkompetenz vor allem der jungen Generation.Daher sei zu befürchten, dass immer mehr Menschen zunehmend Schwierigkeiten bekommen, komplexe Texte zu verstehen. Der Kanton St. Gallen hat eben eine neue digitale Plattform mit dem Porträt des Kantons in Leichter Sprache veröffentlicht. Zur Bevölkerung heisst es hier: «Fast eine halbe Million Menschen leben im Kanton St.Gallen.Damit ist der Kanton St.Gallen der fünftgrösste Kanton in der Schweiz.Nur in vier anderen Kantonen leben noch mehr Menschen. Heute gibt es im Kanton 77 Gemeinden. Zu den Gemeinden gehören alle Städte und Dörfer.» Auch die Sozialversicherungsanstalt des Kantons St.Gallen(SVA) hat ihr Merkblatt über Ergänzungsleistungen in leichter Sprache veröffentlicht. Das Naturmuseumhat einen Internet-Auftritt in Leichter Sprache gestaltet. Hier steht beispielsweise: «Im Naturmuseum sehen Sie Sachen aus der Natur. Sie sehen zum Beispiel ausgestopfte Tiere.Ausgestopft bedeutet: Die Tiere haben ein echtes Fell. Aber die Tiere sind innen aus Plastik.» Für weitere Informationen in Leichter Sprache haben auch die Pro Infirmis St.Gallen, das Naturmuseum und das Museum im Lagerhaus gesorgt.

Entwicklung von «Infoeasy»

Die Redaktion von «Infoeasy», die seit einigen Monaten von «PassePartout – Agentur für barrierefreie Kommunikation» von den Journalistinnen und Übersetzerinnen Andrea Sterchi, Andwil, und Anne-Marie Weder, St.Gallen, geführt wird,überträgt Beiträge aus verschiedenen Quellen. Ein Link am Ende jedes Beitrags verweist jeweils auf den Originalbeitrag in der Standardsprache. Wichtige Ausdrücke werden typografisch hervorgehoben, wie es in Texten der Einfachen Sprache allgemein üblich ist. Aktuell werde emsig an der Weiterentwicklung von «infoeasy» gearbeitet, erklärt Andrea Sterchi: «Wir wollen mehr und neue Formate bieten. Mit einer Geschichten-Rubrik sind wir bereits gestartet. Es sollen bald weitere, auch multimediale Formate hinzukommen. Überdies soll Raum für Dialog geschaffen werden.» Erfreulich sei, dass sich immer mehr Freiwillige für die Übersetzungsdienste zur Verfügung stellten: «Sie leisten einen sehr wertvollen Beitrag», betont Sterchi. Eine grosse Aufgabe ist die längerfristige Sicherstellung der Finanzierung, trotzdem will «infoeasy» gratis und werbefrei bleiben. Dazu werden bei Stiftungen, Institutionen und Behörden Fördergelder beantragt. Geplant sind ein Crowdfunding und ein Gönner-Abo. «Wir wollen auch einen Medienservice für Behörden,Verwaltungen und Verbände anbieten und einen weiteren Service für Schulen einrichten. Lehrkräfte sollen auch ,individuelle‘ Texte zu bestimmten Themen bestellen können.» Ein weiteres Anliegen ist ihr die vermehrte Nutzung von «infoeasy»: «Es ist eine grosse Herausforderung, die Zielgruppen tatsächlich zu erreichen. Wir sind noch jung, unser Angebot muss noch bekannter werden. Nicht alle haben einen Internetzugang.» Gross sei das Interesse der Fachwelt: «Wir haben sehr viel positives Feedback erhalten, auch von Behindertenverbänden und Schulen», so Sterchi.we