Menschen mit Behinderung blockieren Achter-Tram

(Tages-Anzeiger)

Proteste Stadtrat Baumer trifft sich mit Demonstranten, kann aber nichts versprechen.

Lorenzo Petro
Am Freitagmorgen haben körperlich Behinderte gemeinsam mit Sympathisanten an der Tramstation Bäckeranlage unter dem Motto «Tram für alle» für einen behindertengerechten öffentlichen Verkehr demonstriert. Für kurze Zeit haben sie den Trambetrieb blockiert. Der Grund für ihren Ärger: die Ankündigung der Verkehrsbetriebe Zürich (VBZ) vom Donnerstag,auf der vor knapp zwei Jahren eröffneten verlängerten Achter-Linie bis auf weiteres keine Niederflurtrams mehr verkehren zu lassen. Die VBZ begründen den Schritt mit dem knappen Fahrzeugbestand.

Eine Situation, welche die Organisatorin des Protests, Dorothée Wilhelm, nicht akzeptieren will. Schon vor dem endgültigen Aus der Sänfte auf der Achter-Linie wartete sie bis zu einer Stunde auf ein Niederflurtram auf dem Weg zu ihrem Arbeitsort in Winterthur. Bessern wird sich die Situation frühestens auf das Fahrplanjahr 2021: Die ersten Exemplare des neue Flexity-Trams werden im Sommer 2020 erwartet.

Für die Behinderten in der Stadt Zürich sei der Istzustand nicht hinnehmbar, sagt Wilhelm der Zeitschrift «P.S.»: «Wir müssen Ärger machen!» Die Blockierung des Achter-Trams sei ein Akt des zivilen Ungehorsams -ganz nach dem Motto: «Die VBZ blockieren uns – wir blockieren die VBZ: Das ist fair!» Sie und andere, die sich für die Rechte von Behinderten einsetzen, würden weiterdemonstrieren und Trams blockieren.

Busse mit Niederflureinstieg

Die Blockade vom Freitagmorgen betraf nur die Passagiere einer einzelnen Tramkomposition, wie VBZ-Sprecher Tobias Wälti sagt. Dorothée Wilhelm hatte sich im Vorfeld der Aktion mit einem Schreiben an Stadtrat

Michael Baumer (FDP) gewandt und auch öffentlich per Facebook zur Blockade aufgerufen. Deshalb hatte der Vorstand der industriellen Betriebe die Wortführerin von «Tram für alle» bereits kontaktiert.Stadtrat Baumer suchte auch am Freitagmorgen vor Ort den Kontakt mit den Demonstrierenden und besprach mit ihnen ihre Forderung. «Wir nehmen das sehr ernst», es handle sich um ein berechtigtes Anliegen, sagt Wälti.

Dass ausgerechnet auf der Achter-Linie keine Niederflurtrams mehr fahren, obwohl es das Ziel der Stadt ist, dass jedes zweite Tram auf jeder Strecke barrierefrei zugänglich ist, hängt mit der schwachen Auslastung zusammen. Zudem gibt es gemäss Wälti parallele Buslinien mit Niederflureinstieg: Alle Haltestellen bis auf eine würden von entsprechenden Bussen angefahren.