Psychiater und Arbeitgeber sollten reden

GESUNDHEIT Immer mehr Erwerbstätige in der Schweiz werden wegen psychischer Probleme arbeitsunfähig. Das liegt gemäss einer Umfrage bei Fachpersonen oft am fehlenden Kontakt zwischen behandelndem Psychiater und Arbeitgebern.

2016 waren in der Schweiz mehr als 100 000 Personen wegen einer psychischen Erkrankung nicht mehr oder nur reduziert erwerbsfähig und bezogen eine Invalidenrente. Dabei könnten eine rechtzeitige Behandlung und Anpassungen der Arbeitssituation oft helfen, einen Austritt aus der Erwerbsarbeit zu vermeiden, wie das Bundesamt für Sozialversicherungen (BSV) in einer Mitteilung von gestern schreibt. Die Schweiz weist zwar die höchste Psychiaterdichte aller OECD- Länder auf.

Diese Ressourcen werden aber laut BSV bei solchen Problemen zu wenig genutzt. Gemäss der Studie könnten fehlende Kontakte zwischen behandelnden Ärzten und Arbeitgebern, Fall-Manager von Versicherungen sowie Beratern der IV-Stellen und anderen Behörden der Grund dafür sein. Die Umfrage wurde von der Schweizerischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie sowie der Psychiatrie Baselland erarbeitet. Sie zeigt, dass den Psychiaterinnen und Psychiatern eine zentrale Rolle zukommt, wenn es darum geht, psychisch Kranke im Arbeitsmarkt zu halten oder sie wieder in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Sie behandelten ihre Patienten oft über Jahre hinweg und würden deren Krankheitsbilder wie auch deren Alltagsprobleme meist sehr genau kennen, heisst es.

«Mit dieser wertvollen Ressource könnten sie all jene unterstützen, die mit Personen mit psychisch bedingten Arbeitsproblemen konfrontiert sind, wie Arbeitgebende, Hausärzte, Fachpersonen von Sozialhilfe, Privatversicherungen und Sozialversicherungen.Neigung zum Krankschreiben Der Bericht zeigt auf, dass die Behandelnden nicht immer die Arbeitssituation in die Therapie mit einbeziehen und auch nicht immer den Arbeitgeber kontaktieren. Das könne daran liegen, dass die Behandelnden meinten, die Patienten durch Fernhalten vom Arbeitsplatz schützen zu müssen.

Auch tendieren die Psychiater laut der Studie dazu, Patienten, die intensiv über ihr Leiden klagen, länger krankzuschreiben als andere, die weniger klagen. Der Bericht empfiehlt aus diesen Gründen, Psychiaterinnen und Psychiater stärker für die Relevanz der Arbeitssituation zu sensibilisieren. Die IV plant, im Rahmen der «Weiterentwicklung der IV» die Zusammenarbeit zwischen Ärzten und den IV-Stellen zu verstärken. Ferner findet am 21. Dezember unter dem Patronat von Gesundheitsminister Alain Berset der dritte Teil der Nationalen Konferenz zur Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Behinderung statt.

Source:Zürcher Oberländer /sda