Radio zum Glück

(AAKU Aargauer Kulturmagazin)

Happy Radio verleiht den Menschen mit einer Beeinträchtigung eine Stimme und ermöglicht ihnen eine aktive und selbstbestimmte Teilhabe an der Schweizer Medienwelt.

Seit Anfang Jahr ist die sechsköpfige Redaktion von Happy Radio offiziell Teil von Radio Kanal K. Im Februar wird das im Zofinger OXIL gefeiert. Höchste Zeit, sich kennenzulernen! AAKU hat sich mit den Radiomacher*innen getroffen.

Am Gleisfeld von Aarau, zwischen Industriehallen, Scheddächern und hohen Schornsteinen befindet sich das Redaktionsgebäude von Radio Kanal K. Im dritten Stock sitzt die Redaktion von Happy Radio. Die sechs Redaktor*innen und die Redaktionsbegleiterin Lena Glanzmann besprechen gerade die kommende Livesendung, die aus dem OXIL während des Festivals Hört, Hört, Hörstube! ausgestrahlt wird. Dies ist für die meisten der Redaktor*innen eine Premiere. Denn ansonsten wird die monatliche Sendung,die sie auf Kanal K in den Äther schicken und über Kabel in die Aargauer Stuben senden, im Voraus aufgezeichnet.Entsprechend ist eine leichte Nervosität spürbar. Schneidenund Arrangieren geht für einmal nicht. Was aber genau aufdem Programm steht, wird an dieser Stelle nicht verraten.Stattdessen nehmen sich die Radiomacher*innen Zeit, sich uns vorzustellen.

Die Stimme hinter den Kochtipps

Daniela Leutenegger, wie sind Sie zum Radiogekommen?

Als sich meine Reitgruppe aufgelöst hat, habe ich mir einneues Hobby gesucht, und dann bestand die Möglichkeit,Radio zu machen. Das hat mich interessiert.

Sind Sie schon lange dabei?

Ja, schon einige Jahre. Durch die vielen Sendungen, bei denen ich mitgewirkt habe, konnte ich grosse Fortschritte machen. Ich habe gelernt, mit Ton und Technik umzugehen und wie man ein Mischpult bedient.

Was macht Ihnen am meisten Spass beim Radio-machen?

Wenn ich mit spannenden Leuten ein Interview machenkann. Und die Kochtipps.

Kochtipps?

Ja, ich habe schon ganz viele gute Menüs vorgestellt,die sehr gut rübergekommen sind. Hauptsächlich traditionelle Schweizer Küche.

Hören Sie auch privat viel Radio?

Ich höre allgemein gerne Schlager und Mundartmusik,aber auch Gospel. Ich bin auch in einem Chor und singesehr gerne selbst.

Was war bis jetzt das beste Erlebnis in Ihrer Radio-karriere?

Das war das Interview, das ich mit Schlagerstar Leonardmachen konnte, auch das mit Stefan Roos hat mir beson-ders gefallen.


Daniela Leutenegger

 

Wen möchten Sie als Nächstes interviewen?

Vincent Gross, bei dem rüttelt es grade ziemlich, der ist ja auf Tournee. Ich hoffe, dass es klappt, ich habe bereits alle Fragen vorbereitet. Schwierig ist es, einen Termin zu finden. Einmal war er krank, dann auf Tournee. Als es ihm dann ging dann konnte ich nicht, weil ich selbst ein Konzert hatte.

Was erwartet uns bei der «Hörstube»?

Wir werden sicher ein Best-of unseres Schaffens zeigen,damit die Leute, die uns nicht kennen, uns mal ein Feedback geben können und uns sagen, wo wir uns noch steigern könnten.


Silvio Rauch

 

Der Lyrikrezitator

Silvio Rauch, wie sind Sie zum Radio gekommen?

Die Personen hinter dem Forum Lichtblick in Graubünden, bei dem Menschen mit und ohne Beeinträchtigung ihre Kunst präsentieren können, hatten den Wunsch, Radio zu machen. Wir hatten dann bei Radio Grischa angefragt, ob wir einen Kurs besuchen könnten, und so erhielten wir eine Radioausbildung und einen Sendeplatz. Bereits in den Siebzigerjahren hatte ich mir eine Revox-Bandmaschine gekauftund selber Beiträge gemacht.

Was für Beiträge machen Sie denn?

Meine Spezialität sind Gedichtrezitationen, etwa die Wortspielereien von Heinz Erhardt.

Hören Sie selbst viel Radio?

Hauptsächlich beim Autofahren und dann vor allem Talksendungen, wie etwa «Persönlich» auf SRF. Diese kommt ohne musikalische Unterbrüche aus. Mich nervt es immer,wenn an der spannendsten Stelle unterbrochen wird.

Wen würden Sie gerne mal interviewen?

Mein Kollege Dölf Keller und ich hatten ja eine gemeinsame Sendung «Der flotte Dreier». Hier haben wir einige Prominente vor dem Mikrofon gehabt. Franz Hohler, Peach Weber, Emil Steinberger. Das war köstlich. Letzterer hat zu unserer Freude eine Viertelstunde länger gesprochen alsgeplant -wir mussten ihn leider schneiden. Wenn ich noch auswählen könnte, würde ich gerne Birgit Steinegger interviewen. Für sie hätte ich noch ein paar Fragen. Etwa, warum sie so selten ernste Rollen gespielt hat. Ich hatte sie mal in einem Fernsehspiel gesehen, da hat sie eine ernste Rolle gespielt, und das war super.

Und, schon angefragt?

Wir hatten mal angefragt. Für ein Hörspiel hat sie beieinem anderen Projekt mitgemacht, ein Interview wollte sieaber nicht. Da haben wir uns entschieden, dass wir nicht weiter nachhaken.

Worüber sollte im Radio mehr berichtet werden?

Über soziale Probleme, etwa Barrierefreiheit für Menschen mit Beeinträchtigung oder auch über das Leben der Obdachlosen. Bei Happy Radio würde ich gerne noch themenzentrierter arbeiten.

Was machen Sie bei der «Hörstube»?

Ich werde eine Kurzgeschichte von Wolfgang Borchert lesen. Und ich freue mich auf das Feedback, bis jetzt fehlt uns das ein bisschen.

Der Techniker

Peter Estermann, wie sind Sie zum Radio gekommen?

Mich hat die Radiotechnik immer interessiert, mit diesen Mischpulten, die Revox-Mikrofone. Seit vier Jahren bin ich bei Happy Radio dabei.

Was sind Ihre Lieblingssendungen?

Hauptsächlich Informationssendungen, egal auf welchem Sender. Und natürlich Musik. Bei der Musikwelleschalte ich oft ein.


Peter Estermann

 

Was machen Sie besonders gerne?

Die Technik. Ich bin eher im Hintergrund, mache aber auch gerne Interviews.

Und wen hätten Sie gerne mal vor dem Mikro?

Einen Sänger oder einen bekannten Sportmoderator.Wobei ich das schon gemacht habe. Jann Billeter konnte ich schon mal interviewen. Lukas Studer würde ich etwa mal fragen, wie er überhaupt Sportmoderator geworden ist.

Was ist für Sie das schönste Erlebnis in der Radio-karriere?

Das dauert noch an. Für mich ist es sehr schön, dasganze Journalismusmetier kennengelernt zu haben undweiterhin diese Tätigkeit ausüben zu können.

INKLUSION FÖRDERT KULTURELLE INNOVATION

Noch heute ist für Menschen mit Behinderungen – ob als Kulturbesucherinnen und -besucher, Kunst- und Kulturschaffende oder Mitarbeitende in Kulturbetrieben – das aktive Engagement im kulturellen Leben in der Schweiz leider keine Selbstverständlichkeit. Fakt ist: Die Gleichstellung und aktive Teilhabe aller Menschen in der Gesellschaft sind ein gesetzlich verankertes Recht der Bürger*innen. Fakt ist aber auch: In einer Zeit, in der Sparmassnahmen sowie steigender Konkurrenz- und Qualitätsdruck den Kulturalltag dominieren, schöpfen weder Kulturakteure noch ihr Publikum aus dem Vollen.

Ungehinderter Zugang, kulturelle Teilhabe und gelebte Offenheit sind deshalb wichtige Kernanliegen vieler Kulturinstitutionen. Ihre kulturelle Mission als Orte des Austauschsund der Reflexion über aktuelle Fragen und Lebensbedingungen unserer Gesellschaft prädestiniert die Kulturinstitutionen dazu, sich als Vorreiter aktiv für die gesellschaftliche Teilhabe und Inklusion von Menschen mit und ohne Behinderungen einzusetzen. Inklusion fordert einen Paradigmenwechsel und fördert Innovation. Denn neue Perspektiven ermöglichen immer auch neue Potenziale und damit neue kulturelle Zugänge.

Mit der Fachstelle «Kultur inklusiv» bietet Pro Infirmis inklusiven Kulturinstitutionen und solchen, die es werden wollen, Hilfestellungen und zeigt auf, wie aus innovativen Zugängen zu Kunst und Kultur gelebte Vielfalt entstehen kann. Dafür zeichnet sie diese mit dem gleichnamigen Label aus, wennsie sich längerfristig zur Umsetzung von verbindlich festgelegten inklusiven Massnahmen in den fünf Handlungsfelderndes Labels freiwillig verpflichten. So setzen die Kulturinstitutionen die Inklusion als Thema in ihrem Kulturprogramm um,achten darauf, dass ihre Angebote inhaltlich zugänglich sind,das heisst, dass sie Hilfsmittel zur Sicht- und Hörbarkeit sowie Verständlichkeit bereitstellen, sie stellen den hindernisfreien Zugang und klare Orientierungsmöglichkeiten baulich sicher,bieten inklusive Arbeitsangebote und kommunizieren ihreinklusive Haltung aktiv. Ein ganzheitlicher Zugang zu Kultur erfordert nicht zwingend Mehraufwand. In jedem Fall aber generiert er Mehrwert. Von Walter Zuber, Pro Infirmis.

Welche Themen sollten in den Nachrichten mehrbehandelt werden?

Ich finde, es sollte mehr positive Nachrichten geben.Beispielsweise ein Newsportal nur mit erfreulichen Meldungen. Denn wir Menschen sollten froh sein, dass wir am Morgen gesund aufstehen können.

Der Macher von «Der flotte Dreier»

Dölf Keller, wie sind Sie zum Radio gekommen?

Ich bin seit Beginn bei Happy Radio dabei. Davor habe ich auch schon Radio gemacht, jedoch hat mir die Regel-mässigkeit gefehlt, die ich nun bei Happy Radio mit einer Sendung im Monat habe. Hier kann ich recherchieren, Texte schreiben, moderieren und auch schneiden, was mir sehr gefällt. Ich habe neben Happy Radio auch eine eigene Sendung auf Kanal K, «Der flotte Dreier», eine Talkshowmit prominenten Gästen, die ich nach dem Aussteigen von Silvio Rauch derzeit alleine weiterführe.

Wen möchten Sie noch in Ihre Talkshow einladen?

Den DJ Bobo fände ich interessant. Ein paar Grosse hatteich ja schon. Auch Nick Hartmann möchte ich gerne interviewen oder Trauffer, den Musiker.

Was war Ihr Highlight in der Radiokarriere?

Das Interview mit einem Hirnforscher war sehr gelungen.Auch die Sendung mit Emil ist mir in sehr guter Erinnerung.

Worüber sollten die Medien mehr berichten?

Über Behinderung, Sexualität oder den Tod sollten mehr Sendungen gemacht werden. Ich selbst war auch schon Gast bei Radio SRF bei einer Themensendung zusammen mit Nationalrat Christian Lohr.

Wohin könnte sich Happy Radio noch entwickeln?

Ich würde gerne einstündige Themensendungen machen und mich richtig vertiefen. Also etwas wegkommen von den kurzen Beitragsformaten. Und schön wäre es, schweizweit auszustrahlen; etwa in Kooperation mit den Unikom-Radios.

Haben Sie als Radiomacher mit Beeinträchtigung grössere Schwierigkeiten, an die Personen heranzukommen?

Es ist schon vorgekommen, dass ein Gast den Interviewtermin mit mir vergessen hatte und deswegen die nächste Sendung ausfiel. Das hat mich schon enttäuscht. Etwa Elena Müller schreibe ich seit Monaten an, doch bis jetzt hat sichkein Termin ergeben. Oft ist auch das Management der Promis mühsam, das überall dreinredet.

Leidenschaft Radio

Anthony Fiorentini, wie sind Sie zum Radiogekommen?

Zuerst vorne weg, der meiste Kontakt findet bei mir überdie sozialen und klassischen Medien statt. Dadurch nehme ich Anteil an der Öffentlichkeit. Von klein auf habe ich Radio gehört, habe dazu meine Hausaufgaben gemacht. Mediensind meine soziale Anlaufstelle Nummer eins.

Was hören Sie am liebsten?

Radio Pilatus und Sunshine sind meine Lieblingssenderund da vor allem Informationssendungen und sämtliche Prominews. Aber auch Verkehrsmeldungen und Polizeinachrichten höre ich gerne.

Welcher Promi interessiert Sie am meisten?

Mit Till Schweiger bin ich über Facebook in Kontakt. Gerade lese ich das Buch seiner Exfrau «Im Herzen barfuss».

Wen würden Sie gerne noch interviewen?

In der Schweiz wäre es die Exfrau von Eros Ramazzotti,Michelle Hunziker. Sie spricht ja auch italienisch, das würde mir gefallen. Aber Sie wissen ja, dass die vom Berner Hinterland kommt. Das ist bestimmt noch schwierig, die zu uns ins Studio zu holen. Aber sag niemals nie. Wir finden immer eine Lösung.


Anthony Fiorentini

 


Dolf Keller