Ständerat lehnt Kürzung der Kinderrenten ab

(Neue Zürcher Zeitung)

Reform der Invalidenversicherung

For. Bern. Einer der Knackpunkte derlaufenden IV-Revision sind die Kinderrenten. Der Begriff stiftet Verwirrung.Es geht nicht um Zahlungen für Kinder mit Behinderung, sondern um zusätzliche Beiträge für IV-Bezüger mit Kindern. Der Nationalrat will deshalb die Kinderrente in «Zulage für Eltern»umbenennen. Doch im Ständerat hatte diese Umbenennung keine Chance. Der vom Nationalrat vorgeschlagene Name schafft laut Sozialminister Alain Berset neue Probleme, etwa in der Abgrenzung zu den Familienzulagen. Zudem verursache die Änderung einen enormen bürokratischen Aufwand.

Klar ist die Haltung des Ständerats auch bei der Höhe der Kinderrenten: Sie soll auf dem heutigen Niveau bleiben.Er lehnt eine Kürzung um 25 Prozent ab,wie dies der Nationalrat verlangt. Dies würde bei der IV zu Einsparungen von rund 100 Millionen Franken führen. Vor allem bei kinderreichen Familien führe das heutige Niveau der Kinderrenten zu Einkommen, die wenig Anreize zum Arbeiten brächten, argumentierte die Mehrheit im Nationalrat im vergangenen Frühling.

Der Ständerat sieht dies anders und stützt sich dabei auf einen Bericht der Verwaltung (NZZ vom 18. September2019). Demnach sind Familien mit IV und Ergänzungsleistungen nicht bessergestellt als vergleichbare Familien ohne Sozialleistungen. Die vorberatende Kommission hatte den Entscheid vorgespurt, indem sie die Kürzung einstimmig abgelehnt hatte. Da es keinen Minderheitsantrag gab, musste der Rat gar nicht darüber abstimmen. In dieser Frage haben also die Vertreter von SVP,FDP und CVP in den jeweiligen Kammern unterschiedliche Haltungen. Sind die Mehrheitsverhältnisse in einem Rat dermassen klar, dürfte sich dieser erfahrungsgemäss in der Differenzbereinigung durchsetzen.

Einig sind sich die beiden Räte hingegen beim Wechsel zum stufenlosen Rentensystem. Dieses soll für Rentner mit einem Invaliditätsgrad zwischen 40 und 69 Prozent gelten. Damit erhofft man sich, dass sich Arbeit für IV-Bezüger auf jeden Fall lohnt.

Mit der grundsätzlichen Stossrichtung der Reform sind alle einverstanden. Man will vermeiden, dass bereits junge Erwachsene zu IV-Rentnern werden. Ein zweiter Fokus liegt auf Menschen mit psychischen Leiden. Diese sollen früher erfasst werden. Zudem wird die Versicherung künftig mehr tun für deren Eingliederung.