Verbesserungen für Menschen mit Behinderung

(Aargauer Zeitung / Aarau-Lenzburg-Zofingen)

Betreuungsgesetz Der Regierungsrat will Menschen mit Behinderung vermehrt ambulant betreuen. Der Vorschlag kommt gut an.

VON NOEMI LEA LANDOLT

Parteien und Interessensgruppen hatten bis Anfang Woche Zeit, zur Teilrevision des Betreuungsgesetzes Stellung zu nehmen. Der Regierungsrat will Menschen mit Behinderungen in Zukunft häufiger ambulant statt stationär betreuen. Im Moment leben viele Menschen mit Behinderungen instationären Einrichtungen, zum Beispiel Heimen, obwohl sie – mit der richtigen Unterstützung – selbstständig oder bei ihren Familien leben könnten. Während bei Erwachsenen niederschwellige, ambulante Angebote fehlen oder unzureichend sind,führen bei Kindern und Jugendlichen primär finanzielle Fehlanreize dazu, dass ambulante Angebote nicht oder zu wenig genutzt werden. Sie werden in einem Heim untergebracht, wei lambulante Lösungen nicht durch Kanton und Gemeinden mitfinanziert werden. Diesen Fehlanreiz will die Regierung mit der Gesetzesrevision korrigieren und künftig ambulante Leistungen nach dem gleichen System finanzieren. Ein Kind soll nur in einem Heim platziert werden, wenn das die am besten geeignete Lösung ist.

Sparen darf nicht Treiber sein

Bei den Aargauer Parteien von links bis rechts kommt der Gesetzesvorschlag aus dem Departement von Bildungsdirektor Alex Hürzeler gut an.Die SVP findet, es müsse «die bestmögliche Lösung bezüglich Lebensqualität der Betroffenen Priorität haben». Allerdings ist für die Partei klar,dass eine ambulante Leistung, bei derein Assistenzbudget gesprochen wird, nicht teurer sein darf als eine stationäre Lösung. Hier unterscheidet sich die SVP von anderen Parteien. Die BDP findet es nicht sachgerecht, ambulante Angebote nur zu finanzieren,um stationäre Aufenthalte zu vermeiden. Im Mittelpunkt müsse die Frage nach der bestmöglichen Lösung für die Betroffenen stehen. Das ist auch der GLP wichtig: Es dürfe nicht passieren, dass Menschen, die ein stationäres Angebot benötigen einzig aus Kostengründen in ein ambulantes Angebot abgeschoben werden. Der SP ist wichtig, dass eine möglichst breite Gruppe von der Unterstützung beim selbstständigen Wohnen profitieren kann. Das Ziel müsse eine «möglichst hohe Selbstbestimmung und Wahlfreiheit» sein. Die CVP und weitere Parteien fordern, dass für ambulante Leistungen die gleichen Qualitätsanforderungen gelten wie für stationäre.

Die Finanzen werden noch zu reden geben. Durch das neue Gesetz werden die Gemeinden um rund 2,1 Millionen Franken entlastet, weil Pflegeplatzierungen und aufsuchende Familienarbeit durch den Kanton finanziert würden. Für den Kanton entstünden Mehrausgaben in derselben Höhe, die der Regierungsrat über den Lastenausgleich ausgleichen will. «Die detaillierten Mechanismen müssen im Grossen Rat noch kritisch betrachtet werden», findet die FDP. Die SVP ist gar dagegen, dass Gemeinden Ausgleichszahlungen an den Kanton leisten sollen, anderweitig würden sie ständig mehr belastet, heisst es in der Vernehmlassungsantwort.