Welche Kinder ertragen wir?

(Neue Zürcher Zeitung)

Die Debatte im Deutschen Bundestag überBluttests zu Trisomie 21 weckt Befürchtungen

STEPHANIE LAHRTZ, MÜNCHENAuf den ersten Blick ist es eine kleineÄnderung, über die der Deutsche Bun-destag am Donnerstag diskutierte. Bisheute müssen Krankenkassen bei Verdacht auf Chromosomenanomalien beim Ungeborenen eine Fruchtwasseruntersu-chung finanzieren. Diese bringt ein sehrgeringes Risiko für eine Fehlgeburt mitsich. Künftig sollen sie einen risikolosen Bluttest bezahlen. Befürworter der Vor-lage argumentieren, es dürfe nicht sein,dass wie derzeit nur Selbstzahler die biszu 300 Euro teure risikolose Testvariantein Anspruch nehmen könnten.

Der zur Debatte stehende Test gibtan, ob das Kind Trisomie 21, das sogenannte Down-Syndrom, aufweist. Tatsache ist, dass in Deutschland schät-zungsweise neun von zehn Föten mit die-ser Diagnose abgetrieben werden. Testenbedeutet also oft auch Selektion. Kir-chen und Behindertenverbände wehrensich daher gegen die Aufnahme des Testsals Kassenleistung, weil ein grenzenlosesScreening und noch mehr Abtreibungenbefürchtet werden.

Ein zügelloses Screening wird es je-doch aller Voraussicht nach nicht geben,denn nur bei Schwangerschaften, beidenen aufgrund von Ultraschall- undanderen Untersuchungen ein Risiko füreine Trisomie beim Ungeborenen ange-nommen wird, soll der Test angebotenund dann bezahlt werden. In Ländern, indenen der Test schon seit einigen JahrenKassenleistung ist, gibt es meist, abernicht überall mehr Abtreibungen. In welchem Rahmen der Test zur Kassenle tung wird, entscheidet sich im Herbst