(admin.ch)
Der Einsatz von muslimischen Seelsorgern im Asylzentrum des Bundes in der Stadt Zürich wird sowohl von den Asylsuchenden als auch von den Mitarbeitenden und der christlichen Seelsorge positiv beurteilt. Der Bericht zur Evaluation des Pilotprojektes hält zudem fest, dass sich die Kriterien und Anforderungen für die Auswahl der muslimischen Partnerorganisationen und der Seelsorgenden bewährt haben. Für einen allfälligen Auf- und Ausbau der muslimischen Seelsorge in anderen Bundesasylzentren muss jedoch die Aus- und Weiterbildung muslimischer Seelsorgender verbessert und die Finanzierungsfrage geklärt werden. Im Testbetrieb Zürich wird das Pilotprojekt bis Ende Juni 2018 verlängert.
Das seit dem 1. Juli 2016 laufende Pilotprojekt im Testbetrieb des Bundes in Zürich wurde vom Staatssekretariat für Migration (SEM) in enger Zusammenarbeit mit den reformierten und katholischen Landeskirchen und dem israelitischen Gemeindebund (SIG) erarbeitet. Es sollte geprüft werden, ob der Einsatz von muslimischen Seelsorgern einen Nutzen bringt und ob die flächendeckende Einführung in den Bundesasylzentren möglich wäre. Mit der Umsetzung wurde die Vereinigung der Islamischen Organisationen in Zürich (VIOZ) betraut. Das Schweizerische Zentrum für Islam und Gesellschaft (SZIG) an der Universität Freiburg hat das Projekt wissenschaftlich begleitet und evaluiert.
Mehrwert in den Asylzentren und darüber hinaus
Das SZIG hält in seinem Bericht fest, dass die muslimische Seelsorge aus Sicht der Asylsuchenden, der Mitarbeitenden in der Betreuung und der christlichen Seelsorgerinnen und Seelsorger einen klaren Mehrwert bringt. Dieser Mehrwert zeige sich innerhalb des Asylzentrums, gehe aber über diesen Kontext hinaus. Die muslimischen Seelsorger seien ein Brückenbauer zwischen den Herkunftsländern der Gesuchsteller und der Schweiz und vermittelten diesen ein offenes, humanistisches Verständnis des Islam.
Der Kriterienkatalog und das Anforderungsprofil für die Auswahl der muslimischen Partnerorganisation als auch der Seelsorgenden haben sich gemäss dem Bericht grundsätzlich bewährt. Um einen Auf- und Ausbau der muslimischen Seelsorge in den anderen Asylzentren des Bundes angehen zu können, brauche es zunächst einen Klärungs- und Dialogprozess mit weiteren muslimischen Partnerorganisationen. Auch wenn diese heute noch nicht über eine mit den Landeskirchen vergleichbare Legitimation verfügten und sie unterschiedlich gut organisiert seien, gebe es in verschiedenen Kantonen durchaus Erfahrungen in der Kooperation zwischen staatlichen Einrichtungen, den Landeskirchen und Muslimen; auf diese könne zurückgegriffen werden.
Ziel ist ein Lehrgang für christliche und muslimische Seelsorgende
Das Anforderungsprofil an die muslimischen Seelsorgenden decke zudem nur das absolut notwendige Fachwissen im Bereich der Seelsorge und der Religion ab. Daher müsse zunächst die fachliche Aus- und Weiterbildung für muslimische Geistliche und Seelsorgende verbessert werden. Angestrebt wird ein Lehrgang in der Schweiz, der den Fokus auf die Seelsorge, das Verhältnis von Kirche und Staat sowie die Interreligiosität legt. Er soll christlichen wie auch muslimischen Seelsorgerinnen und Seelsorgern offen stehen. Die Landeskirchen begrüssen den Aufbau eines solchen Lehrganges.
Eine offene Frage ist, wie die muslimische Seelsorge künftig finanziert werden könnte. Auf Bundesebene bestehen heute keine gesetzlichen Grundlagen für die Übernahme dieser Kosten. Bei der christlichen Seelsorge sind es die Landeskirchen, welche die Kosten tragen. In den Gesprächen mit den muslimischen Organisationen hat sich jedoch gezeigt, dass diese ausser Stande sind, die Finanzierung der muslimischen Seelsorge zu sichern.
Aktive Mitarbeit der Landeskirchen im Pilotprojekt
Heute wird die seelsorgerische Tätigkeit in den Bundesasylzentren durch den Schweizerischen Evangelischen Kirchenbund (SEK), die Schweizer Bischofskonferenz (SBK), die Christkatholische Kirche der Schweiz (CKS) und den Schweizerischen Israelitischen Gemeindebund (SIG) in Zusammenarbeit mit den kantonalen Landeskirchen erbracht. Diese Organisationen haben 2002 mit dem damaligen Bundesamt für Flüchtlinge (heute SEM) die „Rahmenvereinbarung für die regionalen Seelsorgedienste in den Empfangsstellen für Asylsuchende“ abgeschlossen. Die Landeskirchen haben viel Arbeit beim Aufbau des Pilotprojektes für die muslimische Seelsorge geleistet und sind an der Weiterentwicklung der Seelsorge im interreligiösen und muslimischen Kontext interessiert.