Badespass auch für Rollstuhlfahrer

(Thurgauer Zeitung)

Der Lift für den barrierefreien Seezugang am Hörnli-Steg ist schweizweit einzigartig.Ein Prototyp im Praxistest.
Inka Grabowsky

«Auch mit Beeinträchtigungen kann man schwimmen bis ins hohe Alter»,sagt Brigitte Späth. «Und wer keine Angst vor dem Wasser hat,der geniesst es.» Die promovierte Politikwissenschafterin sitzt selbst nach einem Unfall seit über 20 Jahren im Rollstuhl.Auf Bewegung im Wasser aber wollte sie nie verzichten.Deshalb engagiert sie sich in ihrer Funktionals Vize-präsidentin von Pro Infirmis Thurgau-Schaffhausen für den barrierefreien Zugang in Schwimmhallen.

Ab 2023 müssen neue oder umfassend sanierte öffentliche Bauten barrierefrei sein. Das gibt das ehindertengleichstellungsgeset vor. «Beim Projekt Egelseebad helfe ich bereits in der Baukommission», erklärt sie. «Als sich die Stadt beim neuen Steg im Hörnli an die Fachstelle für hindernisfreies Bauen wandte, lag es nahe, dass ich mir auch hier anschaue, wie beeinträchtigte Menschen ins Wasser gelangen können.»

Verschiedene Varianten geprüft

Herkömmliche Pooillite funktionieren am Bodensee nicht. Sein Wasserstand ändert sich im Laufe des Jahres um bis zu drei Meter. «Dazu kommt noch hoher Wellenschlag bei Ostwind oder dutch den Schwell der Boote. Die erste Idee, eine schräge Rampe mit einem Schwimmsteg am Ende zu bauen, mussten wir wegen Sicherheitsbedenken venverfen.» Auch ein Plattformlift kam nich: in Frage. Weder ein Rollstuhl noch die Lifteleknonik sollten Wasser ansgesetzt sein. Die nächste Option war eine Hehebühne. «Das erschien uns zunächst attraktiv, aber die Bühne hätte von einem Gitterkäfig umgeben werden müssen, um Schwimmer im Gefahrenbereich zu schützen. Aber wie rettet man jemanden, wenn er bei der Reise drei Meter abwärts in Panik gerät oder die Hebebühne stecken. bleibt?», sagt Brigitte Späth. Diese Losung wurde also auch gestrichen.

Der Sitz muss für den See geeignet sein

«Wir stiessen schliesslich auf eine Treppenlift-Lösung der Firma Högg in Lichtensteig im Toggenburg. Hier sind Sitzlifte an einer Deckenschiene installiert.» Als Lastenlifti in. Weinbergen ist diese Lösung sogar wetterfest, nur der Sitz selbst war nicht für den See geeignet. Ruedi Wolfender,der Abteilungsleiter beim städtischen Departement Gesellschaft und Liegenschaften,fand schliesslich bei einem Händler in Schaffhausen einen passenden Stuhl.Im Endeffekt errichtete das Kreuzlinger Metallbauunternehmen Neuweiler AG die Dachkonstruktion mit Tragschiene,an der das zusätzlich verzinkte Liftsystem von Högg mit dem Sitz aus Schaffhausen installiert wurde. Die Konfiguration aus den drei Komponenten ist bisher einzigartig.«Erfreulicherweise hat sich Ruedi Wolfender tief in die Materie eirgearbeiter und durch keinen Einwand entmutigen lassen», lobt Brigitte Späth. «Die Konstrukteure zögerten zunächst wegen der Produkthaftphicht», schildert dieser, «aber da haben wie nich: lockergelassen.»


Brigitte Späth auf der Konstruktion, die ein Novum ist am Bodensee-Ufer. Bild:Ralph Ribi

 

«Die Konstrukteure zögerten zunächst. Aber wir haben nicht lockergelassen.»
Ruedi Wolfender Stadiverwaltung Kreuzlingen

Die Plattform am Stegende ist gross genug, um den Rollstuhl abzustellen und das Rangieren zu erlauben. Der Sitz kann von mehreren Seiten angefahren werden. Nicht jeder beeinträchtigte Menseh wechselt auf die gleiche Weise und von der gleichen Seite von Rollstuhl auf einen Liftsessel. Wichtig ist auch, dass die Sirzfläche beim Umsetzen nicht wackelt «Wenn sie jemand stabilisieren muss, ist man doch auf Hilfe angewiesen», sagt die Fachfrau. Der Lift läuft auf der Innenseite der Treppe, sodass ein Gefühl von Unsicherheit erst gar nicht aufkommt.

Es gibt noch etwas zu verbessern

Perfekt ist das System noch nicht. Brigitte Späth sagt: «Es ist eben ein Prototyp.» Die Fernsteuerung muss derzeit vom Ufer aus von einer Begleitperson bedient werden. Sie braucht noch eine wasserdichte Hülle, damit sie der Schwimmer mitnehmen kann, und sie sollte mit einem Alarmknopf ausgestattet werden. Bei Niedrigwasser zeigte sich im Praxistest noch ein zweites Problem: «Damit man die Sitzfläche auf dem Rückweg anschwimmen kann, muss sie rund 30 Zentimetce tief im Wasser sein. Die Sitzfläche muss also manchmal noch tiefer heninter als bisher.» Ruedi Wolfender regte an, dafür eine zusatzliche vertikale Absenkung mit einem zweiten Motor einzubauen: «Diese Lösung ist bereits in Arbeit und kann noch in dieser Saison in Betrieb genommen werden», sag: er.

Dank Zusammenspiel ein rundes Paket geworden

Wolfender zieht ein positives Fazit Es sei eine tolle Aufgabe gewesen: «Es hat sich für die Stadt bewährt, früh in der Planung die späteren Nutzer von neuen Einrichtunger miteinzubeziehen.» Umgekehrt ist anch Brigitte Späth sehr zufrieden mit dem Engagement der Stadt. «Gemeinsam mit den flankierenden Massnahmen wie dem Abflachen des Weges zum See, der früher für uns viel zu steil war, ist es ein rundes Paket geworden.» Die querschnittsgelähmte Schwimmerin hat inzwischen Fotos des Badeplatzes auf der Website wheelmap.org veröffentlicht. damit Touristen mit Beeinträchtigungen wissen, dass sie in Kreuzlingen problemlos in den See und auch wieder herauskommen.