Viele Menschen haben Mühe beim Lesen

(Stadt-Anzeiger Opfikon/Glattbrugg)

Gerade Behördensprache kann teilweise nur schwer zu verstehen sein. Doch eine Teilhabe an der Gesellschaft fängt bei einer Sprache an, die jeder versteht. Organisationen wie Pro Infirmis setzen sich deshalb für Menschen mit Leseschwierigkeiten ein.


Sind Informationen in einfacher Sprache verfügbar, hilft dies auch Menschen ohne Leseschwierigkeiten. Bild Dominique Meienberg /Pro infirmis

 

Laura Hohler

Informationen verständlich zu gestalten, ist eine grosse Herausforderung. Auch in einer Zeit, in der sich viele Unternehmen mit dem Begriff «Inklusion» schmücken, ist vielen nicht bewusst, dass das Lesen und Schreiben einigen Menschen Mühe bereitet. Die Sprache der Behörden und Ämter kann teilweise schwer zu verstehen sein. Schachtelsätze, Fremdwörter, Fachbegriffe und viele Substantivierungen wirken abschreckend.

Der Zürcher Verein «Inklusion für alle» (ehemals Verein «Einfache Sprache») setzt sich unter anderem für Menschen mit Lese- oder Lernschwächen ein. «Inklusion ist die Vision einer Gesellschaft für alle», lautet das Motto des Vereins.

Einfache Sprache ist wichtig

Laut Pro Infirmis, einer nationalen Dach- organisation für Personen mit Beeinträchtigungen, haben in der Schweiz rund 800 000 Menschen Schwierigkeiten beim Lesen. Eine einfache Sprache sei Teil der Barrierefreiheit und wichtig für eine Gesellschaft.

Das Büro Leichte Sprache von Pro Infirmis gibt es seit 2015. «Seit damals haben wir uns stetig weiterentwickelt; es gibt mittlerweile auch ein Büro in Bellinzona und in Fribourg», sagt Gloria Schmidt, Fachverantwortliche Leichte Sprache. Das Büro finanziere sich durch Einnahmen aus Übersetzungsarbeiten sowie die öffentliche Hand. Das Büro Leichte Sprache hat es sich deshalb zur Aufgabe gemacht, Texte wie Verträge, Formulare, Websites oder Broschüren in eine einfachere Sprache zu übersetzen. Aber auch Informationsmaterial zu Veranstaltungen oder Kulturevents benötige laut Schmidt oft vereinfachte Übersetzungen. «Ich bin der Meinung, dass einfachere Texte immer allen Menschen im Alltag helfen», so die Fachverantwortliche Schmidt. Denn diese würden einerseits die Grundbedürfnisse und andererseits das Arbeitsleben und die Freizeitgestaltung abdecken. Sowohl beim Einkaufen, bei der Arbeit oder beim Reisen profitiere man von leichter Sprache.

Einfache Texte helfen allen

«Mit einfachen Texten sind wir informiert, können dadurch eine Meinung bilden und eine Entscheidung treffen», sagt Schmidt. Wer den Service des Büros in Anspruch nimmt, erhält das Gütesiegel

Wer den Service des Büros in Anspruch nimmt, erhält das Gütesiegel «Leichte Sprache».

«Leichte Sprache». Das wiederum heisst, dass Prüferinnen und Prüfer aus dem Zielpublikum den Text verstehen und dass die Regeln für Leichte Sprache eingehalten worden sind. Diese Regeln definiert auch der deutsche Verein Netzwerk Leichte Sprache e.V. in einem rund 4o-seitigen Dokument. So sollen beispielsweise Fremd- und Fachbegriffe vermieden wer- den und Sätze möglichst kurz sein. Doch auch bei der Gestaltung und Bebilderung sowie bei Zahlen müssen die Texterinnen und Texter besonders Acht geben.

«Unser Übersetzungsangebot für leichte oder einfache Sprache ist bei Unternehmen, Non-Profit-Organisationen oder Verwaltungen gefragt», berichtet Schmidt. Die Bereiche, in denen diese Organisationen arbeiten, würden stark varieren.«Das können Institutionen sein, die selbst mit Menschen mit Beeinträchtigungen arbeiten oder zu tun haben sowie diese mit ihren Informationen erreichen möchten», so Schmidt weiter. Doch auch Unternehmen, die generell verständlich informieren wollen, beziehen sich auf das Büro Leichte Sprache.